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  • AutorenbildEmely Triebwasser

Blond - INTERVIEW

Triggerwarnung: Sexualisierte Gewalt!

Am Freitag veröffentlichte die Chemnitzer Formation „Blond“, ihre neue Single „Du und Ich“, auf der das Trio sexualisierte Gewalt und Übergriffigkeit behandelt, die im alltäglichen Leben stattfinden. Neben der Single initiierte die Band, gemeinsam mit Wildwasser e.V. Und Kosmos Chemnitz, die Ausstellung „Die Hütte der sexualisierten Gewalt“ in der Chemnitzer Innenstadt. In der Ausstellung sind anonyme Berichte von Betroffenen sexualisierter Gewalt zu lesen, die Aufmerksamkeit auf das Thema und vor allem auch auf die Arbeit von Wildwasser e.V. lenken sollen. Wildwasser e.V. ist ein Verein, der sich zum einen als Beratungsstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt versteht, zum anderen aber auch mit Hilfe von Kinderschutzprojekten präventiv arbeitet. Die Ausstellung ist eine Woche lang täglich von 16:00 bis 19:00 Uhr geöffnet, die Abschlussveranstaltung findet am 08.08.2021 um 16:00 Uhr statt. Am Ende des Interviews findet ihr Anlaufstellen, an die ihr euch wenden könnt, falls ihr, oder Personen die ihr kennt von sexualisierter Gewalt betroffen seid.

Ich habe im Interview mit Blond über ihre neue Single, das was sie mit der Ausstellung erreichen wollen und ihre Erfahrungen als „Schwestern von…“ wahrgenommen zu werden geredet. Enjoy!


Hi ihr drei! Wie geht’s euch heute und wie waren die letzten Monate für euch?


Lotta: Heute geht’s uns gut, die Aufregung hat sich ein bisschen entladen, wie immer, wenn man die ganze Zeit auf den Song hinfiebert und wartet, dass er endlich raus kommt. Heute gucken wir dann ganz viel wie die Reaktionen sind und reden mit den Leuten. Das ist alles auf jeden Fall sehr aufregend.


Nina: Die letzte Woche war ganz besonders Aufregend, wir haben halt die ganze Zeit hier dran gearbeitet (Hütte der sexualsierten Gewalt), deswegen ist man jetzt sehr erleichtert. Aber ich freue mich jetzt auch, dass hier so viele Leute sind! Das Wetter stimmt, alles ist schön!


Ihr habt das Event hier auch vorher gar nicht groß angekündigt oder?


Nina: Genau, wir wollten vorher nicht verraten worum es in dem Song geht, der kam ja aber erst heute Nacht und deswegen konnten wir heute früh erst sagen worum es geht, was wir überhaupt machen und so. Das ist aber auch okay, wenn wir es ne Woche vorher angekündigt hätten, wären hier vielleicht Leute hergekommen die gedacht hätten wir spielen ein Konzert oder so. Darum geht es ja nicht, wir stehen hier ja nicht im Vordergrund bei der Aktion. Die Hütte steht ‘ne Woche und da können dann alle kommen, die sich das angucken wollen.

Credits: Anja Jurleit

Es ist ja nicht das erste Mal, dass ihr euch auch in eurer Musik politisch positioniert und ein Zeichen setzt. War euch das beim Musik machen von Anfang an wichtig, oder kam das mit der Zeit?


Nina: Ich glaub das kam erst.


Lotta: Ja, am Anfang haben wir nur aus Fun Musik gemacht.


Nina: Dann haben wir angefangen selbst Lieder zu schreiben, weil wir unbedingt auf Tour wollten. Das war dann auch erst auf englisch, weil wir einfach unbedingt auf der Bühne sein wollten. Das politische ist erst mit der Zeit gekommen, weil wir auch privat politische Menschen sind und das dann automatisch mit in den Text fließt.


Vor allem mit dem Song „Thorsten“ auf eurem Debütalbum habt ihr das Thema schonmal angekratzt, jetzt seid ihr mit „Du und Ich“ nochmal deutlich konkreter geworden. Ist es für euch leicht dieses sensible Thema in einen Song zu packen, oder habt ihr manchmal Angst, dass es am Ende zu humorvoll ist?


Nina: Das was jetzt konkret in der Hütte behandelt wird, dieses große Thema sexualisierte Gewalt kann man nicht mit ‘nem Witz verpacken. Catcalling und sowas ist ein Thema, da kann man für mein Empfinden noch einen kleinen Twist machen. Aber es gibt Sachen, über die ich persönlich keinen witzigen Song schreiben würde.


Lotta: Generell ist es ja auch so, dass wir Sachen so thematisieren wie wir das gewohnt sind. Unser Stilmittel ist halt Humor.


Nina: Man kann auch mit Humor Themen bearbeiten, ohne sie ins lächerliche zu ziehen, das ist ja durchaus möglich.


Der Song ist heute vor allem ein Mittel um auf eure Ausstellung zusammen mit Wildwasser e.V. Und Kosmos Chemnitz aufmerksam zu machen, wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Nina: Wir haben den Song gemacht und wollten dann darüber hinaus noch was Größeres machen, weil uns das Thema so am Herzen liegt. Dann wurde das immer konkreter, wir wollten an die Sache aber nicht zu unvorsichtig rangehen, deshalb haben wir uns Wildwasser e.V. Und Kosmos Chemnitz ins Boot geholt. Wildwasser im Speziellen setzen sich wirklich damit auseinander, arbeiten mit Betroffenen und wissen auch, ab wann etwas vielleicht triggern kann. Damit wir auch wirklich mit Feingefühl an die Sache rangehen und nicht am Ende blauäugig Leute verletzten oder verstören. So haben wir dann zusammen die Hütte entwickelt, das hat direkt sehr gut funktioniert. Es war ja auch das erste Mal, dass wir so in der Form gearbeitet haben.


Nina, du bist ja auch jemand, die generell künstlerisch unterwegs ist und ab und zu schon Ausstellungen gemacht hat. Wie kam es dazu, dass ihr gesagt habt „Okay wir packen wirklich „nur“ Berichte in Textform rein und keine Verbildlichungen.“?


Nina: Wir haben länger überlegt, wie wir’s machen. Wir dachten auch kurz daran es akustisch mit Erzählungen zu untermalen oder so. Aber ich fand das Geschriebene, aus der Ich-Perspektive Erzählte am Ende total simpel und auch effektvoll. Auch mit der Tapete und so, um das „in den eigenen vier Wänden“ Gefühl zu vermitteln, wir wollten, dass das so simpel bleibt, auch wenn man noch 1000 Sachen hätte rein stellen können. Es soll aber nur das sein, was es jetzt ist, genau das. Weil es dadurch noch stärker wirkt. Ich finde auch wenn man da drin steht und es sich durchliest, verstärkt die Stille die Wirkung noch viel mehr. Wir sind ja außerdem in einem Kunstkollektiv, dem Bikinikommando, darüber kam auch die Idee, dass wir es auf diese Art und Weise machen.


Was erhofft ihr euch von der Ausstellung?


Lotta: Ich persönlich bin zufrieden, wenn ein paar Passant*innen reingehen, wenn da vielleicht auch ein paar Junge Typen dabei sind, die reingehen, das lesen und sich ein bisschen was mitnehmen. So, dass sie rausgehen und ihr eigenes Verhalten hinterfragen, weil sie sich und ihre Handlungen eventuell in einigen Geschichten wieder erkennen. Man weiß ja immer nicht, auch wenn man Musik macht, wie viel man erreichen kann, aber das würde mir schon reichen.


Nina: Genau, wir können ja nur Reichweite nutzen und Sichtbarkeit erzeugen und ich finde schon wenn ein Diskurs angeregt wird, oder auch Zeitungen was drüber schreiben, dann bringt das viel.

Ich finds auch gut, wenn in Chemnitz Wildwasser e.V. nochmal hervorgehoben wird, weil das halt eine Anlaufstelle ist, für Betroffene, die dann wissen, dass es das gibt und dass es dort Hilfe gibt.


Lotta: Es ist jetzt nicht so, dass die von Wildwasser e.V. rumsitzen und auf Leute warten, eher im Gegenteil, die können sich nicht retten vor Arbeit, da ist so viel los. Das ist total traurig, aber auch wichtig, damit Leute merken, dass sie nicht alleine sind, mit dem was sie erlebt haben.


Es gibt ja auch trotzdem mit Sicherheit genügend Leute die es noch nicht kennen.


Nina: Ja genau, man hofft auch ein bisschen, dass Leute sich danach ermutigt fühlen ihre Geschichte zu erzählen. Oder vielleicht nehmen sich auch Leute erst nach dem lesen dieser Geschichten hier, als Betroffene war. Die Leute sollen wissen, dass es Unterstützung gibt, dass man gehört werden kann und dass ihnen geglaubt wird. Aber dann gibt es vielleicht auch Leute, die danach die Systeme in unserer Gesellschaft hinterfragen, die das Verhalten von Täter*innen dulden, zulassen und relativieren. Das muss man erkennen, um sich dann zu fragen was man tun kann, um das vielleicht auch im eigenen Freundeskreis zu ändern. Das ist immer unangenehm und schwer, aber es muss halt gemacht werden.


Ja genau, auch das, was du eben bei der Eröffnung gesagt hast, es gibt so viele Situationen die man früher gar nicht so wahrgenommen hat, weil es so „normalisiert“ ist. Dinge, bei denen man in der retrospektive denkt „Ne, das ist nicht okay.“. Es gab bei mir Mal eine Situation, nach der Ausstrahlung von der „Männerwelten“ Sendung von Joko und Klaas, in der mein Vater mich gefragt hat ob das echt so ein großes Thema sei und ich meinte, „Ja voll, es ist halt leider „normal“ auf einem Konzert, oder im Club ständig an den Hintern gefasst zu werden oder so.“, da war er total schockiert.


Nina: Ja und genau das ist es ja, da hilft dann in dem Fall schon eine Unterhaltung mit Männern um Aufmerksamkeit zu schaffen. Und auch damit diese Männer dann ihr eigenes Verhalten kritisch hinterfragen.


Was hat eure Heimatstadt Chemnitz bei dieser Ausstellung für einen Stellenwert?


Nina: Naja, wir sind hier ja gut vernetzt, Chemnitz ist unsere Heimatstadt, es war irgendwie klar, dass wir es hier machen. Auch, weil wir hier aufgewachsen sind und hier die ersten Berührungspunkte mit sexualisierter Gewalt hatten. Irgend eine andere Stadt hätte ja gar keinen Sinn gemacht.



Steht die Single für sich, oder kann man bald mit weiterer neuer Musik von euch rechnen?


Lotta: Sie steht erstmal für sich, wir wollen gar nichts vorweg nehmen, damit wir uns keinen Druck machen.


Nina: Deswegen sagen wir nur, dass vielleicht ein paar Singles kommen, wir haben auf jeden Fall Bock.


Johann: Der Song muss erstmal gehört werden!


Lotta: Genau, erstmal all ears auf die aktuelle Single!


Wenn wir schon bei eurer Musik sind, Ende letzten Jahres habt ihr ja das erste Mal was gemeinsam mit Kraftklub bzw. den Kosmonauten gemacht. Wie kam es dazu? Ihr habt ja früher Mal gesagt, dass ihr die Verbindung mit Kraftklub gar nicht so arg haben wollt, weil ihr für euch stehen wollt.


Lotta: Ja, da ging’s vor Allem darum, dass als wir am Anfang noch ‘ne kleinere Band waren, Veranstalter*inenn „die Schwestern von Kraftklub“ auf die Plakate geschrieben haben. Das ist natürlich doof.


Johann: Noch mit Edding drunter geschrieben (lacht).


Lotta: Aber jetzt als größere Band ist es ja völlig fair, auch mit den Kosmonauten Musik zu machen oder mit denen auf Tour zu fahren.


Nina: Das Ding ist, es ist ja auch einfach eine Band mit der wir gerne rumhängen, die wir mögen, die wir auch musikalisch cool finden und mit denen wir uns gern austauschen. Da wär es auch irgendwie schade, wenn man nur aus dem Grund nie was miteinander macht, wenn es eigentlich auf der Hand liegt. Aber am Anfang mussten wir uns erstmal einen Abstand erarbeiten, weil wir nicht „die Schwestern von…“ sein wollen, sowas gibt es ja auch oft.


Ja, gerade auch im männlich-weiblichen Bezug, oft sind Frauen nur die Frau/Schwester/Freundin von… !


Nina: Deswegen mussten wir uns da blöderweise erstmal einen Abstand verschaffen, das hat ja auch keinen Spaß gemacht. Aber jetzt ist es völlig egal, weil wir coole Fans haben, die uns hören, weil sie uns cool finden. Da lassen wir uns die Freude nicht mehr nehmen, was mit denen gemeinsam zu machen!


Was sind sonst noch eure Pläne für die nächsten Monate?


Johann: Ganz viele Konzerte spielen! Wir sind viel unterwegs im August und im September. Wir freuen uns wieder spielen zu dürfen und auf die verschiedensten Arten von Konzerten.


Lotta: Ja! Ich hab auch richtig Bock, mal wieder mit „Blondinators“ am Merch Stand zu reden.


Johann: Und auch endlich wieder befreundete Künstler*innen zu treffen!


Lotta: Ja stimmt, wir haben auch ganz viele Leute ein Jahr lang nicht gesehen und die wiederzusehen wird auf jeden Fall schön. Und sonst einfach die Zeit genießen, die uns gerade gegeben wird.


Nina: Ich denke wir werden auch wieder kreativ tätig sein (lacht) und man kann sich einfach überraschen lassen denke ich.


Wenn Sie von sexualisierter Gewalt betroffen sind, finden Sie hier Hilfe:


Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen

0800 116 016 www.hilfetelefon.de


Hilfsangebote in Ihrer Nähe


Hilfetelefon Sexueller Missbrauch


Hilfeportal Sexueller Missbrauch

www.hilfeportal-missbrauch.de


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