Noch nicht einmal zwei Jahre ist es her, seit mit „Du musst an den Frühling glauben“, die erste EP der jungen Indie Band aus Hannover erschienen ist und trotzdem sind die vier Jungs bereits auf der Überholspur unterwegs. Nach „alma“, der zweiten erfolgreichen EP, welche letzten Juni veröffentlicht wurde, erscheint jetzt am 28.05.2021 ihr Debütalbum „golden hour“, in das die Band ihr ganzes Herz gesteckt hat. Jeremias hat uns erzählt, mit welchen Künstlern demnächst noch Kollaborationen anstehen, ob es bei der Albumproduktion oft zu Diskussionen kam und wie es ist so schnell bekannt zu werden. Enjoy! (Ich habe das Interview ursprünglich für bedroomdisco.de gemacht)
Hey Jere, wie geht’s dir heute?
Mir geht‘s sehr gut, Dankeschön! Hier scheint die Sonne und ich seh gleich die Jungs, also alles super!
Am 28.05. erscheint ja euer Debütalbum „golden hour“, wie aufgeregt bist du?
Es ist nicht in Worte zu fassen! Also wirklich! Wir haben jetzt auch schon recht viele Singles rausgehauen muss man sagen, aber der ganze Rest sind auch alles Diamanten (lacht). Das sind alles Songs für sich, die ‘ne schöne Geschichte erzählen und auch musikalisch, vom Sound und textlich weiterentwickelt sind. Für uns ist es das Größte, dass es dann Leute hören und teilen können, das ist wirklich geil!
Das Album ist ja mitten in der Pandemie entstanden, was für einen Einfluss hatte das für euch auf den Albumprozess?
Ich sag dir ehrlich, es hatte wenig Einfluss. Ich hab mal den Satz gehört, dass man für sein Debütalbum sein ganzes Leben schreibt und danach muss man dann zusehen wie die Kreativität ist (lacht). Aber da es unser Debütalbum ist, gibt es viele Songs, die wir das erste Mal vor vier Jahren geschrieben haben, dann wieder verworfen haben und so. Also so doll pandemiemäßig ist es jetzt gar nicht. Da es aber trotzdem voll viel um diese jugendliche Sehnsucht geht und ums Abhauen, ist es leicht so zu interpretieren. Aber der Ursprung ist eigentlich nicht Corona bedingt.
In den letzten zwei Jahren ist eure Musik und damit ja auch eure Karriere ja schon echt durch die Decke gegangen, wie hat sich dein oder euer Leben seit eurer ersten EP 2019 verändert?
Ich glaube, es wirkt mehr nach außen als es letztendlich ist. Wir machen immer noch Musik, treffen uns immer noch jeden Tag und wir sind jetzt gerade alle in die Stadt gezogen. Aber auch gerade durch Corona, war es jetzt nicht dieser heftige Wechsel, der es vielleicht sonst gewesen wäre. Deswegen würde ich eigentlich sagen, dass sich nicht so viel verändert hat. Man merkt jetzt tatsächlich seit Mai, auch mit dieser Platte, dass wir doch schon viel unterwegs sind und jetzt auch Leute anfragen, die man selbst irgendwie bewundert, aber der Lifestyle ist kein anderer.
Ich hab gesehen, dass ihr letztens sogar ein Interview mit einem englischsprachigen Magazin gemacht habt, glaubst du, dass eure Musik in Zukunft auch Mal international Erfolg haben könnte?
Boah das ist ‘ne gute Frage, ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Mir wurde bei der ersten EP immer gesagt, dass ich total nuschle und dass viele gar nicht so die Sprache verstehen. Wir haben jetzt auch viele instrumental Tracks in letzter Zeit gemacht, auch auf der Platte und auf der letzten EP. Deswegen ist der Approach schon der, dass man nicht doll deutsch klingt, sondern internationaler rüberkommt. Ob das wirklich gehört wird, keine Ahnung, muss man vielleicht ausprobieren. Aber erstmal ist Deutschland noch auf der Agenda (lacht).
In euren Songs schwingt ja immer das Gefühl von Freiheit mit, was ist Freiheit für dich?
Dem Impuls zu folgen glaube ich. Sprich, ganz banal, wenn ich jetzt das Fenster aufmachen will, dann mache ich das, wenn ich schlafen will, dann schlafe ich, wenn ich Klavier spielen will, dann spiele ich. Ich glaub das ist die größtmögliche Freiheit, die ist nicht ortsgebunden und auch nicht gegenstandsgebunden. Dieser Impuls, wenn man jetzt etwas machen will, dann geht es. Das ist Freiheit.
Ihr habt euch vor gar nicht mal so langer Zeit kennengelernt, Olli und du, ihr kanntet euch glaube ich schon vorher und Jonas und Ben sind dann später dazu gekommen. Gab es anfangs mal Punkte, an denen ihr dachtet, dass diese Konstellation nicht zusammen passt?
Das ist wirklich klischeehaft, aber wir hatten 2018 im Februar eine Probe in so einer Musikschule in unserem Dorf (lacht). Das war mit Jonas, der als letztes dazu gekommen ist und wir haben dort direkt angesprochen, dass wir das richtig ernst nehmen wollen, wir wollen oft proben, wir wollen Konzerte spielen. Jonas ist direkt mit eingestiegen und ab da war es immer nice, es hat einfach gepasst.
Als vierköpfige Band gibt es ja wahrscheinlich manchmal vier verschiedene Meinungen zu einem Thema, wie löst ihr Konflikte, die zum Beispiel beim Songwriting entstehen?
Ich glaube, Konflikte sind primär erstmal gut. Konflikt ist so negativ konnotiert, aber letztendlich ist es unglaublich dienlich, weil man nicht vergessen darf, dass in solchen Situationen alle Vier das beste für einen wollen, für den Song, für die Kunst und für die Musik. Deswegen ist es in allererster Linie überhaupt nicht schlimm und das zu lösen passiert eigentlich ganz automatisch, weil wir alle sehr Ego-befreit sind. Es gibt ja Menschen die sagen, dass das jetzt ihre Idee oder ihr Akkord ist, das ist natürlich Bullshit, niemand besitzt die Kunst, niemand besitzt einen Akkord. Von daher ist das dann eigentlich echt so eine Gefühlssache, wenn man dann alle vier Sachen ausprobiert und sich danach in die Augen guckt und entscheidet was jetzt das Beste war, dann löst es sich von selbst.
Das hört sich auf jeden Fall nach einem guten Approach an!
Das ist der einzig wahre Approach! Ich glaube, es ist schlimm, wenn Leute abrutschen und aufhören demütig zu werden. Man darf nie vergessen, dass man selbst eigentlich nur Sprachrohr von Kreativität ist. Man darf sich Nichts drauf einbilden, das ist glaube ich manchmal schwierig, aber wir haben das bisher immer ganz gut geschafft, demütig zu sein und uns nicht selbst zu geil zu finden (lacht), weil das glaube ich viel kaputt macht.
In eurer Single „paris“ singst du „das Einzige was mich im Nachhinein fickt, ist die neue Platte von Harry Styles“, vom Look her siehst du aus, als hättest du dich hier und da schon manchmal von Harry inspirieren lassen.
Findest du? (lacht)
Ja schon! Was inspiriert euch denn sonst noch beim Songwriting?
Cro war tatsächlich schon immer jemand den wir sehr geschätzt haben, weil er es verstanden hat nicht nur die Musik zu bedienen. Also klar er ist Musiker, wir sind Musiker, aber drumherum öffnen sich so viele verschiedene Spaten, die er auch bedient. Sprich, wenn man ein Musikvideo dreht, ist man Schauspieler, macht man ein Foto, ist man Model, macht man Merchandise, ist man Modedesigner, es sind so viele Bereiche die aus dieser Musik hervorkommen und es ist unglaublich inspirierend wie er es gecheckt hat, das zu nutzen. Und nicht zu sagen „Okay ich bin Musiker und damit ist gut“, das ist auch unser Approach und vor allem ‘ne ganz große Inspiration!
In einem Interview aus August 2020 habt ihr erzählt, dass ihr aktuell neben der Musik noch studiert oder arbeitet. Hat sich das mittlerweile geändert?
Ne durch Corona nicht, ich glaube, wenn Corona nicht gewesen wäre, dann hätte es sich auf jeden Fall verändert. Aber man muss sagen, dass diese Zoom Meetings und so sehr dankbar sind, man macht einfach Cam und Ton aus und schreibt trotzdem einen Track, das geht schon noch. Also Ben und ich studieren noch.
Was studierst du?
Ich studiere Musik! Solange es noch geht reizen wir das noch aus, aber ich sage dir ehrlich, ich merke jetzt schon, dass es sich im Weg steht, auch im Kopf.
Also habt ihr aktuell auf jeden Fall schon Schwierigkeiten das unter einen Hut zu bekommen? Vor allem, wenn Corona sich demnächst hoffentlich zurückzieht?
Ich würde sagen seit ‘nem Monat wird es schlimmer!
Du hast ja eben auch schonmal angemerkt, dass es auf der neuen Platte, genau wie auf „alma“ ein paar rein instrumentale Tracks gibt. Ist es für euch manchmal einfacher nur die Musik für sich sprechen zu lassen?
Einfacher nicht, aber wir legen Wert darauf, dass sie es kann! Das ist jetzt ein dummer Rückgriff, aber zum Beispiel gibt’s von Beethoven (lacht), Lieder ohne Worte, das sind einfach nur Klavierstücke. Das wurde damals überhaupt nicht ernst genommen, weil immer davon ausgegangen wurde, dass man Gesang, Text und eine Geschichte braucht. Dass aber Musik für sich sprechen kann, dafür hat Beethoven den Beweis erbracht. Das ist jetzt kein Hommage an ihn (lacht), aber einfach eine Philosophie, die wir auch mögen, weil wir auch gern aus diesen Basic Sachen herausbrechen. Bei ‘nem normalen Song hast du einen Beat, dann hast du Harmonien vom Klavier und diese Harmonien, die übernehmen Bass und Gitarre, aber in vielen Songs haben wir den Beat und eine Melodie im Klavier und noch eine Melodie im Bass und ‘ne Melodie in der Gitarre, also unglaublich viel Inhalt. Es fliegen sehr viele total geilen Melodien rum und da braucht es dann einfach gar keinen Text, dann versuche ich manchmal irgendwas dazu zu singen und denke mir so „Boah ohne Scheiß, Bruder das ist ultra unnötig“ (lacht).
Du bist soweit ich weiß zweisprachig aufgewachsen, also deutsch und spanisch. Hat das Einfluss darauf wie du Texte schreibst?
Ne, aber vielleicht darauf wie ich sie singe. Also Mama kommt aus Paraguay und mein Vater hat dort auch ganz lange gelebt, deswegen sprechen wir zu Hause nur spanisch, auch mit meinem Bruder und so. Ich glaube schon, dass das etwas mit dem Wortlaut macht. Es gibt ein paar Formulierungen, bei denen ich im deutschen denke, dass sie richtig sind, aber eigentlich sind sie falsch. Also zum Beispiel fragt man “¿cómo te sentiste?“, das heißt so viel wie „Wie habe ich dich gefühlt?“, aber das ist ja komplett falsch im deutschen, eigentlich ist das so gemeint wie „Wie hast du ihn/sie war genommen, war sie/er gut drauf?“. Sowas ist dann halt falsch im deutschen, aber im spanischen richtig und da hakt es manchmal. (Lacht)
Könnt ihr euch vorstellen wegen der Musik irgendwann mal aus Hannover wegzuziehen und wenn ja wohin?
Ja, früher oder später. Ich glaub, wir haben jetzt unglaublich wichtige Jahre hinter uns, sprich mit Aufbau, wir haben uns immer gesehen und haben immer zusammen rumgehangen, aber für mich ist die Zeit hier auf jeden Fall abgelaufen, das weiß ich. Für Benni auch, die anderen Jungs hängen hier noch so ein bisschen dran, aber das ist alles in so einem entspannten Stadium, dass wir es auf jeden Fall managen könnten, wenn wir nicht alle in einer Stadt sind. Also darauf vertraue ich. Schwierig wäre es, wenn ich vor zwei Jahren oder so abgehauen wäre. Aber jetzt ist glaube ich eine Ebene erreicht, in der es eigentlich auch cool ist.
Dann wird es wahrscheinlich auch Berlin, oder?
Boah ne, weiß ich nicht (lacht). Mich triggert Hamburg total muss ich sagen und München und sowas.
Ich hab noch drei kurze entweder oder Fragen für dich!
Autokino oder Picknick Konzert?
Picknick Konzert!
Berlin oder Hannover?
Puh, das ist schwierig! Hannover hat eine ganz besondere Qualität und das ist die Qualität das zurück Kommens. Nach Hannover zurückzukommen macht unglaublich viel Spaß, aber um zurückzukommen, musst du erstmal abhauen (lacht). Deswegen sage ich erst Berlin, dann aber wieder Hannover (lacht).
Mio Mio oder Fritz Kola Zero Zucker?
Ich glaube, ich bin noch bei Fritz Kola!
Noch? Ändert sich das demnächst?
Ja mal sehen! (lacht)
Und was sind eure weiteren Pläne für dieses Jahr?
Oh, Riesenpläne! Wir machen momentan viel mit anderen Künstlern. Also zum Beispiel treffen wir morgen Provinzund MAJAN und machen mit denen was. Dann kam Cro um die Ecke, wir haben noch einen Song mit Rooseveltgemacht. Vielleicht wird das nächste Projekt, dass man mehr aus sich heraus kommt, mehr mit anderen arbeitet und so, darauf hätte ich Bock. Aber der Fokus ist auf jeden Fall auf dem live spielen! Wir haben jetzt glaube ich drei Touren im Verkauf, die eine im Juni ist ausverkauft, dann spielen wir im November und wir haben gestern für März 2022 was angekündigt. Also komplett jede Bühne, ich will mich komplett verausgaben (lacht)! Alles spielen was geht, auf jeden Fall!
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